Auch Deutsch kann eine Fremdsprache sein

Von Christiane Döntgen:

„Immobilie in exponierter Stellung“ – Diesen Satz aus einer Makler-Broschüre kann nur einer nicht missverstehen. Nämlich der, der ihn geschrieben hat. Andere denken bei Stellung nicht unbedingt an Häuser, sie ahnen, dass hier eher die „Lage“ gemeint war. Kommunikation, zumal schriftliche, ist oft schwerer, als Sie denken.

Der Soziologe Niklas Luhmann diagnostizierte in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts denn auch die „Unmöglichkeit der Kommunikation“ zwischen unterschiedlichen Systemen, da sie jeweils andere Codes verwenden. Hören Sie einfach Jugendlichen zu, die nicht aus Ihrem gesellschaftlichen Dunstkreis stammen, und Sie haben verstanden, was Luhmann meint. Es bedarf nicht einmal des viel beschworenen Migrationshintergrunds, um festzustellen: Auch Deutsch kann eine Fremdsprache sein. Umso wichtiger ist es, sich sprachlich auf sein Gegenüber einzustellen. In der Werbung nennt man das „zielgruppengerechte Kommunikation“, und auch die geht nicht selten völlig daneben. Die Anbiederung mancher Werber an die sogenannte Jugendsprache verursacht dann vor allem eines: kollektives Fremdschämen.

Die richtige Wortwahl zu treffen, ist im Geschäftsalltag eine der größten Herausforderungen. Das gilt insbesondere für das geschriebene Wort, mit dem der Empfänger in der Regel alleine gelassen wird. Und deshalb ist es so wichtig, Mitarbeitern und Geschäftspartnern bei aller gebotenen Höflichkeit, klare und deutliche Botschaften zu senden. Verklausulierte Sätze und das umständliche Verpacken unangenehmer Nachrichten führen nicht zum Ziel. Im Gegenteil: Solche Kommunikationsversuche lassen jedem die angenehme Freiheit, nur das zu verstehen, was er verstehen möchte.

Bleiben Sie also immer klar und eindeutig. Und wenn möglich, lassen Sie geschriebene Kommunikation von einem ehrlichen Kritiker gegenlesen. Sie werde so manches Mal erstaunt sein, wie vielfältig Ihre eigentlich eindeutigen Worte (miss)verstanden werden können.

Halten Sie es wie der Philosoph Ludwig von Wittgenstein: „Was sich überhaupt sagen lässt, lässt sich klar sagen; und wovon man nicht reden kann, darüber muss man schweigen.“ – Alles klar?

Christiane Döntgen

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