Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum …

© Bildagentur PantherMedia, Sadik Demiroz

Durch knöchelhohen Schnee kämpfte sich unser Auto den Waldweg hinauf. Die Scheibenwischer schoben den Schnee von links nach rechts, von Sicht keine Spur.

Der Wagen rutsche von links nach rechts, nur in der Spur wollte er nicht bleiben. Endlich erreichten wir den Bauernhof, dessen Schild wir gefolgt waren.

„Frische Tannenbäume“ hatte wir auf dem Schild am Straßenrand gelesen und den Aufstieg gewagt.

Der 75-jährige Hofbesitzer kam aus seiner Haustüre und starrte uns an, als wären wir die ersten Menschen, die sich hier hoch verirrt hatten. Mit der Axt in der Hand sah er wenig vertrauenserweckend aus. Meine fahle Beifahrerin zischte „Warum bist Du nur da rauf gefahren – ich wollte einen Tannenbaum und kein Survival-Camp.“ Ich schüttelte den Kopf und wagte es, das Auto zu verlassen.

Der Hund war da ehe ich hätte reagieren können. Nicht, dass ich untergewichtig wäre, aber sind Sie schon einmal von einem ausgewachsenen Schäferhund überrascht worden?

Nach einem deutlichen „AUS“ blieb der Hund wie angewurzelt stehen. „Der tut nix“ versicherte der Mann mit der Axt in der Hand. „Der Hund vielleicht nicht“, dachte ich.

Der erste Baum war mein, keine Sekunde wollte ich mein Leben weiter riskieren. „Haben Sie das Schild gelesen, oder waren Sie schon einmal hier?“ fragte der Hofbesitzer. „Schild“ brachte ich nur hervor und fragte nach dem Preis. „45 Euro!“ Ich zog meine Geldbörse, drückte dem Bauer 45 Euro passend in die zerfurchte Hand, ohne mir die Worte verkneifen zu können: „Ich hätte auch 50 Euro bezahlt!“

„Ich hätte Ihnen den Baum auch für 40 Euro gelassen“, kam die Antwort schneller, als ich den Baum verstauen konnte.

„Darf ich Ihnen noch einen Glühwein, oder einen Schnaps anbieten?“ fragte der Alte. Keine Sekunde länger wollte ich an diesem unwirtlichen Ort mit diesem Waldschrat verbringen, bedankte mich und kämpfte mich zurück über den verschneiten Waldweg.

Der Bauer zog sein iPad hervor, trug den Umsatz in sein Buchhaltungsprogramm ein und klickte zurück zu seinem e-book.

Frohe Weihnachten wünschen Enrico Briegert und Thomas Hochgeschurtz.

Und Ihr Vorsatz für das kommende Jahr: Unterstellen Sie Ihrem Gegenüber kommendes Jahr doch einfach einmal guten Willen.

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.

Dieser Beitrag wurde unter Alle veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert